Fledermausschutz in der Uckermark: „Wiederinbetriebnahme“ von DDR-Infrastruktur
Verlassene Bauwerke der Uckermark sind nicht nur stumme Zeugen der bewegten Geschichte der Region, sondern oft auch Zufluchtsorte zahlreicher Tierarten.
Auch Fledermäuse sind hier oft zu Hause, was diese Bauwerke in den Fokus des Artenschutzes rückt: Die Populationen der Fledermäuse sind nämlich mehreren Stressfaktoren ausgesetzt: von schwindenden Jagdhabitaten und dem Insektensterben über die Zerstörung von Quartieren bis zu Gefahren, die von Windenergieanlagen und der „Lichtverschmutzung“ ausgehen.
Besonderer Beliebtheit bei den Fledermäusen erfreut sich die von den sowjetischen Streitkräften erbaute militärische Infrastruktur Brandenburgs: Bunker, Hangars und Kasernen. Auch zivile Bauten, wie Lagerruinen oder stillgelegte Wasserzisternen, bieten den fliegenden Säugetieren gute Überwinterungs- und Fortpflanzungsmöglichkeiten.
Trotz guter Voraussetzungen müssen die geeigneten Bauwerke in der Regel fledermausgerecht gesichert und optimiert werden, damit mehr Individuen und mehr Arten optimale Bedingungen vorfinden.
Diese Aufgabe hat die Helversen-Stiftung für drei vielversprechende Objekte übernommen.
Im Rahmen des Projektes „Fledermaus-Trittsteine Uckermark“, kofinanziert durch die Deutsche Postcode Lotterie, wurden Lücken im Biotopverbund und zwischen Gebieten mit starken Fledermauspopulationen geschlossen.
Der Großbunker auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz in der Tangersdorfer Heide bei Templin ist mit Abstand das wertvollste Fledermausquartier im Naturschutzgebiet „Kleine Schorfheide“ und im weiteren Umfeld. Hier überwintern gerne Fransenfledermaus, Braunes Langohr, Mausohr und Wasserfledermaus. Die Helversen-Stiftung hat die notwendige Munitionsberäumung und die Ertüchtigung des Eingangs in Auftrag gegeben. Zusammen mit 25 Ehrenamtlichen des NABU Templin haben wir das Quartier vom Müll befreit und mit Fledermausquartieren (Hohlblocksteine und Spaltenquartiere) ausgestattet.
Optimiert wurden auch zwei Wasserzisternen in Wilmersdorf (UM), wo Graues und Braunes Langohr, sowie Fransen- und Wasserfledermaus überwintern. Die Arbeiten umfassten u. a. Einen Durchbruch zwischen beiden Zisternen und den Bau eines Einflughäuschens. Die Mitglieder des Kuratoriums der Helversen-Stiftung haben in einem Ehrenamtlichen-Einsatz alte Metallteile beräumt und die Fledermausquartiere eingebracht. Zusammen sorgen diese Maßnahmen für eine größere Vielfalt im Hinblick auf Temperatur, Feuchtigkeit und Versteckmöglichkeiten. Damit erhöht sich das Spektrum an Arten, die die so optimierten Zisternen in Anspruch nehmen können.
Der ehemalige Militärflughafen in Groß Dölln ist ein Biodiversitäts-Hotspot und der bedeutendste Winterquartierkomplex des Landes Brandenburg. Im Landesmaßstab bedeutsam sind die Vorkommen von Mops- und Zwergfledermaus sowie Großem Abendsegler. Zudem gibt es auf dem Gelände eines der nördlichsten Fortpflanzungsvorkommen des Mausohrs. Obwohl in den letzten Jahren etliche Bauwerke fledermausgerecht saniert wurden, bleiben noch nicht optimierte Gebäude mit einem hohen Aufwertungspotenzial.
Als Antwort darauf führt die Helversen-Stiftung das Projekt „Optimierung zweier Doppelbunker in Groß Dölln als Fledermausquartiere“ durch, mit der finanziellen Unterstützung der Stiftung NaturSchutzFonds Brandenburg und der Deutschen Postcode Lotterie.
Mehrere Maßnahmen werden für jeden der Doppelbunker durchgeführt. Zwei Öffnungen werden geschlossen und verputzt. Dabei wird ein Einflugspalt am oberen Rand ausgespart. In eine der beiden Mauersteinwände wird eine einbruchssichere Stahltür eingearbeitet. Zwischen den Kammern erfolgt ein Durchbruch, in einer Kammer wird eine Bohrung durch die Bunkerdecke durchgeführt und mittels Folientrichter Regenwasser eingeleitet. Dadurch wird sich die Luftfeuchte erhöhen, was das Quartier für anspruchsvollere Arten attraktiv macht. In jeder Kammer werden Hohlblocksteine und Spaltenquartiere als Versteckmöglichkeiten angebracht.
Außer ihrer Bedeutung für die Biodiversität haben die optimierten Objekte eine hohe symbolische und emotionelle Bedeutung: Hier ist das kommunistische Erbe Brandenburgs unmittelbar spürbar. Der Militärflugplatz in Groß Dölln war während des Kalten Krieges der größte sowjetische Militärflughafen außerhalb der Sowjetunion. Die Tangersdorfer Heide, wo „Granaten aus der Erde wachsen“, bleibt auch nach jahrzehntelanger Munitionsberäumung für die Bevölkerung teilweise gesperrt. Durch beide Projekte möchte die Helversen-Stiftung diesen historisch bedeutsamen Orten und Bauten eine neue Daseinsberechtigung – als Fledermausquartiere – geben.
Alle Arbeiten werden in enger Kooperation mit den einschlägigen Behörden (Untere Naturschutzbehörde Uckermark), Quartierbetreuer, Eigentümer (u. a. Förderverein Feldberg- Uckermärkische Seenlandschaft) und Ehrenamtlichen (NABU-Regionalverbände) durchgeführt.
Projekttitel:
Fledermaus-Trittsteine Uckermark
Durchführungszeitraum:
01.03.2023 – 31.12.2024
Förderer:
Deutsche Postcode Lotterie